In welchem Verhältnis stehen bei mir Geben und Nehmen?
Keinen Faden und keinen Schuhriemen, nichts von allem, was dir gehört, werde ich nehmen. Du sollst nicht behaupten können: Ich habe Abram reich gemacht.
Gen 14,23
Diesen Bibelvers diskutierten wir in einer kleinen Gruppe; die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatte ich vorher gebeten, sich dazu einige Gedanken zu machen. Ein Mann erzählte dazu aus seinem Leben.
„Seit vielen Jahren haben wir mit unseren Kindern die Pfingstferien in einem alten Haus in den Bergen verbracht. Besonders die Kinder schätzen es sehr – draußen zu sein, bei Regen in der kleinen Wohn¬küche zusammenzusitzen, zwei Wochen nur Katzenwäsche, keine Dusche. Aber der Zustand des Hauses wurde immer schlechter, es regnete beim Dach herein, die Decke in der Stube neigte sich bedenklich auf eine Seite, bei Gewitter gab es ganz schnell keinen Strom mehr, und man saß im Dunkeln. Unser Onkel dachte daran, das alte Haus abzureißen. Der Protest unserer Familie war heftig. Da überraschte uns der Onkel mit einer Idee: ,Was ist, wenn ihr das Haus wieder herrichtet?‘ Uns blieb die Luft weg – vor Freude über eine solche Chance und doch auch mit etwas Bammel vor einer so großen Herausforderung. Würden wir das finanzieren können? Wie die Auflagen des Denkmalschutzes erfüllen? Wie ein solches Projekt neben dem Beruf managen?
Aber das Projekt nahm Fahrt auf. Zum Haus gaben Onkel und Tante noch etwas Grund dazu, zu Konditionen, die für uns leistbar waren. Die Tante knüpfte für uns ein Netzwerk von Handwerkern, die mit viel Liebe an der Restaurierung arbeiteten. Zwei Zimmerermeister, Vater und Sohn, lehrten uns die Balance zwischen Bewahren und Neugestalten. Unser Onkel war in Wirklichkeit der Bauleiter, der jeden Tag auf der Baustelle war, weil ich nur jeden Freitagmorgen ganz früh vor der Arbeit zur Handwerker¬besprechung vor Ort sein konnte. Über die lange Zeit von eineinhalb Jahren ist ein kleines Paradies entstanden. Klar, für die Dörfler sind wir weiterhin die „Stadterer“, aber Onkel und Tante haben uns in die Dorfgemein¬schaft mit hineingenommen, sodass uns mit diesem Haus eine zweite Heimat geschenkt wurde. Dafür sind wir ihnen unendlich dankbar.
Ein Holzbildhauer aus dem Dorf brachte das Kreuz an der Außenwand des Hauses, das durch den Verfall ganz ramponiert war, zu neuem Strahlen. Am Tag vor seinem Tod trug es unser Onkel zurück ins Haus, es sollte in der Stube hängen. Sein Segen begleitet uns, unsere Kinder und inzwischen auch unsere Enkelkinder.“ Eine Tante und ein Onkel, die durch ihre Großzügigkeit nicht die heranwachsende Generation zu bleibender Dankbarkeit verpflichteten, sondern ins selbständige, freie Schaffen entließen.
Die Großzügigkeit von Sarah und Abraham ist beeindruckend, stark im Geben und klug im Nehmen. Dem Priester Melchisedek geben sie den zehnten Teil ihrer Ernte, um so seine Rolle als Priester des Höchsten herauszustellen. Das Angebot des Königs von Sodom, für ihre hilfreiche Solidarität in der kriegerischen Auseinandersetzung eine Entschädigung anzunehmen, lehnen sie ab. Beides macht sie zu freien Menschen.
Die Großzügigkeit von Sarah und Abraham ist beeindruckend, stark im Geben und klug im Nehmen. Dem Priester Melchisedek geben sie den zehnten Teil ihrer Ernte, um so seine Rolle als Priester des Höchsten herauszustellen. Das Angebot des Königs von Sodom, für ihre hilfreiche Solidarität in der kriegerischen Auseinandersetzung eine Entschädigung anzunehmen, lehnen sie ab. Beides macht sie zu freien Menschen.