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Himmlischer Boxenstopp

Erfrischt euch und dann gibt es etwas zu Essen.

Man wird etwas Wasser holen; dann könnt ihr euch die Füße waschen und euch unter dem Baum ausruhen. Ich will einen Bissen Brot holen, dann könnt ihr euer Herz stärken, danach mögt ihr weiterziehen; denn deshalb seid ihr doch bei eurem Knecht vorbeigekommen. Sie erwiderten: Tu, wie du gesagt hast!
Gen 18,4-5

Da stimmt was nicht! Der Motor heult auf, aber das Auto zieht nicht mehr. Wir waren mitten auf der Brennerautobahn Richtung Italien. Im Halbschlaf wollte ich die Signale überhören. Aber panische Stimmen in der Vorderreihe rissen mich in die Realität. Schnelle Anweisungen folgten, so dass wir kurz nach der Einfahrt des Autobahntunnels an den Rand fahren konnten. Sofort richteten wir das Pannendreieck auf und die Jugendleiter zwängten sich in eine sichere Nische. Ich versuchte nochmals den Opel zu starten. Die Kupplung war eindeutig durch. Es folgte der Notruf beim ADAC. Keine drei Minuten später wurde die Fahrspur über Warnsignale gesperrt. Der Verkehr rauschte im sicheren Abstand an uns vorbei. Es war 03:30 morgens. Seit Mitternacht galt meine Auslandsversicherung bei den gelben Engeln.
Am Vorabend war ich mit der „Leiterrunde 18“ mit zwei Kleinbussen von Berlin aufgebrochen. Unser Ziel war Fano an der adriatischen Küste, wo wir in der Nähe ein kleines Haus gebucht hatten. Für eine Woche wollten wir uns dorthin zurückziehen, um zu entspannen, der vierzehnköpfigen Leiterrunde für ihre fünf Jahre Ehrenamt in der Ignatianischen Schüler:innengemeinschaft (ISG) am Canisius Kolleg zu danken und die Eigene- sowie Gruppendynamik in dieser Zeit zu reflektieren.
Um 03:50 kam der Abschleppwagen. Eine halbe Stunde später standen wir auf dem Parkplatz einer großen Mercedes-Werkstätte. Frühestens um 08:00 würde sie öffnen und dann würden wir weitersehen. Wir teilten die Gruppe neu auf. Neun in den noch fahrenden Kleinbus, mit den restlichen vier blieb ich zurück. Wir versuchten ein paar Stunden Schlaf zu gewinnen. Vor uns lag ein anstrengender Tag.
Um 08:30 bestätigte ein Mechaniker meine Befürchtung. Wir brauchten eine neue Kupplung. Das Material müsste bestellt werden und aufgrund von Krankenstand und Urlaub würde der Bulli frühestens in zehn Tagen wieder fahrtüchtig sein. Was sollten wir tun? Ein Mietauto war in diesem schönen Tiroler Tal auch weit und breit nicht zu finden.
Die einzigen Chancen sahen wir im gut 30 km entfernten Innsbruck. Aus meinen Innsbrucker Jahren kannte ich eine große Opelwerkstätte und am Flughafen gibt es mehrere Autovermieter. Vor allem aber ist dort eine große Jesuitenkommunität, die uns bereitwillig Hilfe anbot. Mit dem ADAC einigten wir uns auf dem Transport des Kleinbusses. So hetzten wir mit unseren sieben Sachen zum kleinen Ortsbahnhof, um noch gerade die Regionalbahn zu erreichen. Für den Ticketkauf war keine Zeit mehr geblieben. Gott sei Dank drückte der Schaffner beide Augen zu. Völlig erschöpft kamen wir im Kollegsgarten an, wo ein Mitbruder uns freudig mit offenen Armen empfing: „Legt mal alles ab, hier sind Handtücher, dort die Duschen. Erfrischt euch und dann gibt es etwas zum Essen.“ Welch Labsal war dieser Empfang! Unsere Herzen gingen auf, neue Kräfte erwachten. Ähnlich musste es den göttlichen Besuchern bei Abrahams Worten ergangen sein.
Für meine jungen Begleiter und mich öffnete sich in diesen Stunden der Not der Himmel. Angefangen von der professionellen Hilfe des ADAC über die Großherzigkeit des Schaffners bis hin zur mitbrüderlichen Gastfreundlichkeit sahen wir Engel auf- und niedersteigen.