Was hilft mir, mich nicht vom Erfolg blenden zu lassen?
Ich segne sie: Völker gehen von ihr aus; Könige von Völkern werden ihr entstammen.
Gen 17,16b
„Was ist Pech? – Wenn am Buffet vor dir Krenn und hinter dir Groer stehen.“ Mit diesem und ähnlichen sarkastischen Witzen gingen wir Ministranten mit dem großen Skandal Anfang der 90er Jahre um. Das Foto des Wiener Kardinals auf der Titelseite des Journals „Profil“ markierte einen Tabubruch. Nachrichten vom sexuellen Missbrauch eines kirchlichen Würdeträgers drangen an die Öffentlichkeit. Die Art und Weise, mit der Bischof Kurt Krenn im Interview in den österreichischen Nachrichten versuchte, das Ruder noch rumzureißen, wäre heute undenkbar. In den vergangenen drei Jahrzehnten kam ein Missbrauch nach dem anderen, ob geistlich oder sexuell, ob finanziell oder machtbezogen, von einflussreichen Vertretern der Kirche ans Tageslicht. Ob Marcial Maciel, der Gründer der Legionäre Christi, oder Jean Vanier, der 2019 verstorbene Gründer der christlichen Arche-Gemeinschaften. Ob Marie-Dominique Philippe, Gründer der Gemeinschaft vom heiligen Johannes, oder Abbé Pierre, Gründer der Emmaus-Bewegung und Hoffnungsträger der Franzosen. Die Liste der gefallenen Gründungsfiguren ließe sich noch lange fortsetzen. Ihr Glanz ist verloschen. Viele ihrer Werke leben weiter, müssen sich mit ihnen und ihrer Gründungsgeschichte auseinandersetzen. In meinem Büro hängen die Porträts meiner Vorgänger in der Jugendarbeit. In einem Rahmen fehlt das Bild. Nur das Namensschild des ehemaligen Jesuiten „Peter Riedel“ erinnert an den Täter. Vor fünfzehn Jahren begann an diesem Ort die Aufarbeitung seiner Verbrechen und damit die Aufarbeitung in weiten Teilen der Kirche. Es ist noch ein langer Weg. In der deutschen Kirche führte die MHG-Studie über sexuellen Missbrauch zum Synodalen Weg. Denn die Vergehen sind nicht auf einzelne Täter zu reduzieren, sondern hinterfragen das System selbst: Strukturen und Haltungen des Nicht-Wahrnehmens, des Wegschauens, der Vertuschung. Änderungen sind notwendig. Das Selbstbewusstsein der Jugendlichen hier vor Ort wird durch die Verbandsstruktur mit seinen Gremien, Wahlordnungen und Satzungen gefördert. Sie wissen, was ihre Rechte und auch ihre Pflichten sind. Gleichzeitig wäre es eine Täuschung, wenn man sich rein auf Strukturen verließe. Der Teufel schläft nicht. Wo Menschen miteinander unterwegs sind, gibt es Gelegenheit zum Missbrauch. Und gerade dort, wo viel Positives geschieht, kann der Erfolg blenden. Kritisch wird es, wenn Kritik nicht mehr möglich erscheint.
Abraham und Sarah scheinen keinen Erfolg zu haben. Ihr Versuch, selbst ihre Nachkommenschaft zu sichern, hat zu Verwerfungen und Spannungen geführt. Nun wirkt es so, als hätten sich die 90-Jährige und der 100-Jährige mit ihrem Schicksal abgefunden. Die erneute Verheißung Gottes kommt unverhofft. Sie ist unerwartet und vielleicht sogar unangenehm. Sie weckt wieder Hoffnung. Aber haben die beiden noch die Kraft dazu?
Kirchenkritik von außen wie von innen ist heute in vielen Gegenden möglich. Eine gewisse Ratlosigkeit ist spürbar: Wie mit all den unterschiedlichen Lösungsansätzen umgehen? Zu meinen, das eine oder das andere würde zu einem Revival führen, scheint mir vermessen und eine irreführende Motivation zu sein. Aber sich mit der gegenwärtigen Situation einfach abzufinden und vor Erschöpfung den Kopf hängen zu lassen, wäre gottlos. Sein Segen kommt oft unverhofft. Sein Erfolgsrezept ist der Weg nach unten, wie es der König aller Völker vorgelebt hat. Die Kraft dazu kann uns die Hoffnung auf Heilung schenken.