Bericht der kathpress zum Rabentanz 2024 vom 08.07.2024:
Musikschul-Ausbildung benachteiligter Kinder aus Romafamilien und ihre Hinführung zu Orchestermusikern war dem Hilfswerk seit Beginn im Jahr 2011 wichtiges Anliegen
Tausende Rumänen, größtenteils Roma, sind der Einladung des christlichen Hilfswerks „Elijah“ zum Festival „Rabentanz“ (Dansul Corbilor) nach Rosia bei Sibiu gefolgt. Feurige Orchestermusik, dargeboten von Elijah-Musikschülern und -schülerinnen, Ballettaufführungen, Volkstanz sowie Roma-Traditionals hielten die Festivalgäste am Wochenende im Bann. Vertreten waren dabei die orthodoxe Kirche, die Regionalpolitik und Spitzen der Roma-Organisationen, unter ihnen der Präsident der Internationalen Romani-Union, Dorin Ciobam, der die Festansprache hielt.
Dem von der deutschen Religionspädagogin Ruth Zenkert im Jahr 2011 gegründeten Hilfswerk ist die Ausbildung benachteiligter Kinder aus Romafamilien in Musikschulen und ihre Hinführung zu Orchestermusikern ein wichtiges Anliegen. 2012 stieß der als „Vater der Straßenkinder von Bukarest“ bekannte österreichische Jesuit Georg Sporschill dazu, brachte Publicity und einen Spenderkreis mit, womit Elijah in Rumänien offiziell registriert werden konnte.
Festredner Ciobam nannte es als entscheidende „Entdeckung“ von Elijah, dass unter den Roma in Rumänien wertvollste Edelsteine zu finden sind. Diese Schätze würden in dem Projekt gehoben, geschliffen und vor Ort zum Glänzen gebracht – anders als beim Ansatz des Kolonialismus, wertvolle Bodenschätze in den Ursprungsländern auszubeuten und rücksichtslos außer Landes zu schaffen, so der in Rumänien oft als „Romakönig“ titulierte Unionspräsident.
Elijah-Leiterin Ruth Zenkert hob die vielen Begabungen, den Fleiß und die Lebensfreude der jungen Musikerinnen und Musiker hervor, welche eine „große Chance, einen Beitrag für die Welt zu leisten“ seien. Angesichts wachsender Not und Gewalt seien „junge starke Menschen, die sich einsetzen für Gerechtigkeit und für Frieden – so wie es der Prophet Elijah gemacht hat“, vonnöten. Die Baden-Württembergerin nahm auch Bezug auf die schwere Kindheit, die viele der jungen Roma-Musiker gehabt hätten: „Ihr zeigt, dass man das eigene Leben in die Hand nehmen und gestalten kann.“
Co-Leiterin Antoneta Ghisoiu berichtete von Verachtung, welche Elijah-Musikschullehrern durch Kollegen erfahren habe, weil diese in Romadörfer zum Unterrichten fuhren. Seine Kollegen hätten gespottet, die Kinder hätten doch kein Talent. Auf ähnliche Weise sei auch Ruth Zenkert zu Beginn verlacht worden, als sie 2011 mit der ersten Elijah-Ehrenamtlichen den Kindern von Nou in einem Turnsaal Schlagzeug beigebracht habe.
Das Aktionsgebiet von Elijah – dessen Name auf den biblischen Elias Bezug nimmt und dessen Symbol auf jenen Raben, der dem Propheten laut der Erzählung Essen brachte – ist das transilvanische Harbachtal (Hartibaci). Dieses war einst von Siebenbürger Sachsen besiedelt, die mittlerweile fast gänzlich nach Deutschland ausgewandert sind. Die zurückgelassenen Häuser haben die Besitzer gewechselt, parallel dazu sind die Hüttensiedlungen der Roma an den Ortsrändern wegen des Kinderreichtums immer größer geworden.
Horte, Sozialzentren, Arztpraxen, Nachhilfekurse
Aus der musikpädagogischen Arbeit von Elijah entwickelte sich im Laufe der Jahre ein Programm zu einer sozialökonomischen Verbesserung der Roma-Bevölkerung. Es entstanden Horte, Sozialzentren, Arztpraxen, Nachhilfekurse, Jobtrainings, Sportangebote, Familienhäuser, Kinderkrippen für berufstätige Mütter, ein Bauhof für Hausrenovierungen, Töpferei, Weberei, Familienhilfen, ein Schülerwohnheim in der nahen Universitätsstadt, Großstadt-Streetwork und vieles andere mehr. In den vergangenen zwölf Jahren kam praktisch jedes Jahr eine neue Einrichtung hinzu.
Insgesamt arbeiten 80 Rumäninnen und Rumänen in Voll- oder Teilzeit für Elijah-Programme. Ruth Zenkert und Pater Sporschill müssen deshalb dafür sorgen, dass die Spender ihnen die Treue halten. Das Netzwerk der Förderer und Spender erhält regelmäßig Informationen, und viele sind schon persönlich nach Rumänien gekommen.
Eine weitere Stütze sind Ehrenamtliche aus allen Altersgruppen. Regelmäßig gibt es Volontäre aus Österreich, die für ein Jahr nach Sibiu und ins Harbachtal kommen. Für viele ist es auch die erstmalige Erfahrung des Mitlebens in einer ökumenischen Basisgemeinde, zu der auch das tägliche Gebet gehört.
Geborgen in Musik
Herzstück der Organisation bleibt weiter die musikalische Ausbildung der Kinder und Jugendlichen im Sinne des Venezolaners Jose Antonio Abreu (1939-2018). Zwei in dem von dem weltbekannten Musikpädagogen gegründeten Programm „El Sistema“ ausgebildete Musiker aus Caracas und Guatemala-City, Felix Briceno und Samuel Gomez, wurden verpflichtet, um am Dirigierpult des Elijah-Orchesters sowie auch unterm Jahr als künstlerisch-pädagogische Verantwortliche der Elijah-Musikschulen zu wirken.
Briceno sprach davon, dass man Kindern und Jugendlichen Geborgenheit bieten wolle – in der musikalischen Gemeinschaft, sowie durch ein vielseitiges Lehrprogramm mit individuellem Instrumentalunterricht, Gruppenworkshops für Instrumente, Proben in Instrumentenfamilien und Generalproben mit dem gesamten Orchester. Jedes unterrichtete Kind werde dann auch zu einem Vorbild für seine Eltern und werde später erfolgreich auch darum ringen, die eigene Familie unterstützen zu können. „Elijah“ ermutige Kinder, „Träume und Ziele anzustreben und nicht mehr das trostlose Leben der Eltern in einer schimmeligen Hütte fortsetzen zu müssen“.
In: kathpress.at, 08.07.2024