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Platzvergabe

Als Verlierer für das Wohl anderer fordern

Der König von Sodom sagte zu Abram: Gib mir die Leute zurück, die Habe aber nimm für dich!
Gen 14,21

18:59:00 – 19:00:00 das Onlineportal öffnet – 19:00:10 23 Anmeldungen – 19:00:20 43 Anmeldungen – 19:04:45 89 Anmeldungen – Warteliste öffnet sich. Das Segelsommerlager 2023 der Ignatianischen Schülergemeinschaft [ISG] ist innerhalb von fünf Minuten ausgebucht. Und das im Oktober! Am Ende der kommenden Sommerferien warten eine Woche in einer Jugendherberge in Mölln und fünf Tage auf vier großen Fregatten in der Ostsee auf die 89 Jugendlichen samt ihrer zwölfköpfigen Leiterrunde. 21 Jugendliche erhoffen sich noch von der Warteliste nachzurücken. Einen solchen Andrang auf diese Fahrt, die jedes Jahr für die neunte Stufe des Canisius Kollegs in Berlin angeboten wird, gab es noch nie. Von den 120 Schülern wollen 110 teilnehmen. Größere Schiffe waren schon ausgebucht. Eine Aufstockung war nicht mehr möglich. Für die Wartenden eine bittere Nachricht – vor allem für Nils und seine Jungs.
Seit fünf Jahren treffen sich die zehn mit ihren beiden Gruppenleitern Flo und Carl, und verbringen meist weit über eine Stunde miteinander. Selbst als die beiden GruLeis nicht mehr regelmäßig kamen, tauchten die zehn auf. Am Freitag gehören ihnen die ISG-Räumlichkeiten. Kaum eine andere Gruppe trifft sich an diesem Tag. Nun haben sechs von ihnen keinen Platz auf der Fahrt erhalten. Nils hat es völlig verschlafen. Seine Anmeldung kam erst um 19:11:34. Der Aufschrei in der Leiterrunde war groß. Vielen waren die Jungs und insbesondere Nils ans Herz gewachsen. Er gehört zur ISG wie das Amen im Gebet. Doch diese Fahrt fand ohne ihn statt.
Traditionell wird auf ISG-Sommerfahrten immer eine Choreographie einstudiert und dann im Schulhof vor den Eltern am Ankunftstag vorgetanzt. Auch Nils stand dort, um seine Freunde abzuholen. Wie selbstverständlich stellte er sich in die Reihen der Teilnehmenden und hüpfte geschickt mit. Keine Spur von Neid oder Trauer, sondern einfach Freude diesen Moment mit ihnen zu begehen.

18:59:00 – 19:00:00 das Onlineportal öffnet – 20:00:00 90 Anmeldungen und das Portal schließt. Nicht mehr „first come first serve“ entscheidet dieses Jahr, sondern das Los, sofern es mehr Anmeldungen als Plätze innerhalb der ersten Stunde gibt. Diesmal ist es eine Fahrt in ein Selbstversorgerhaus direkt am Meer nahe von Barcelona, organisiert von den Jugendlichen selbst. Ihre ehemaligen GruLeis habe ihnen nach dem Segelturn die Staffel der Verantwortung übergeben. Leider gibt es nur 75 Betten.
Nils schaut wieder durch die Finger. Ebenso drei weitere Jungs aus seiner Gruppe. Er beschwert sich nicht. Aber die Enttäuschung ist offensichtlich. Die anderen drei erkundigen sich nach ihrem Platz auf der Liste. Sie haben Chancen. „Und Nils? Er muss mitfahren! Auch wenn wir den Platz nicht bekommen, aber er muss einen erhalten.“ Sie begründen ihre Forderung nicht. Aber es ist deutlich spürbar. Sie bangen um ihn und wünschen ihm von Herzen diese Freude.

Der König von Sodom bangt um seine Leute. Für sie tritt er ein und fordert ihre Befreiung. Dafür ist er bereit, auf seine Habe zu verzichten.

Der König und Nils Freunde stehen nicht auf der Gewinnerseite. Aber das Wohl der anderen lässt sie über sich hinauswachsen, indem sie für diese fordern.
Nils ist inzwischen auf den ersten Platz der Warteliste gerückt. Die Badehose kann er schon einpacken.