Wie kannst du in einem Menschen Vertrauen wecken?
Und er glaubte dem HERRN und das rechnete er ihm als Gerechtigkeit an.
Gen 15,6
Miruna lag am Boden; mit beiden Händen krallte sie sich am Tischbein fest und schrie. Bis Cosmin, ihr Vater, es aufgab. Auch die Versuche der Mutter, ihr gut zuzureden, halfen nicht: Miruna wollte nicht in die Schule gehen. Der gelbe Kleinbus, der die Kinder in den abgelegenen Dörfern einsammelte und in die Schule brachte, hupte ein letztes Mal und fuhr weiter. Wie jeden Morgen. Miruna hatte Angst vor den anderen Kindern. Und sie schämte sich, weil sie im Unterricht nicht mitkam. Also weigerte sie sich, in die schreckliche Schule zu gehen.
Ihr Vater Cosmin kam jeden Morgen mit dem Fahrrad zu uns, um die Hühner zu füttern und im Garten zu arbeiten. Eines Tages berichtete er von seinen Sorgen mit dem Mädchen und gestand, dass keines der vier Kinder die Schule besuche. Am Abend begleitete ich ihn nachhause. Da saß Miruna, drückte sich sofort in eine Ecke, senkte den Kopf. Die Geschwister drängten ins Zimmer. Ich lud sie für den nächsten Tag ein, in unser Sozialzentrum zu kommen, zu einem Kinderfest. Wir würden sie abholen. Die Geschwister zogen auch das verschreckte Mädchen mit, wir spielten und musizierten. Seither kamen alle vier fast täglich ins Sozialzentrum, am Abend wollten sie gar nicht mehr nach Hause. Auch Miruna war oft da, sagte aber kein einziges Wort. Sie spielte mit, saß mit uns am Tisch, wir machten Wanderungen.
Eines Tages veranstalteten wir einen Wettbewerb: Wer findet als Erster ein vierblättriges Kleeblatt? Die Kinder durchstreiften die Wiese. Miruna lief strahlend zur Betreuerin und öffnete ihre Hand: Sie hatte sogar zwei vierblättrige Kleeblätter gefunden! Seither brachte sie immer wieder ein Glückskleeblatt von der Wiese, das sie gefunden hatte. Langsam, langsam flüsterte sie Silben – ja, nein –, dann kam immer mehr. Miruna entpuppte sich als ein fröhliches und quirliges Mädchen.
So verging der Sommer. Der Herbst und damit der Schulbeginn rückte heran. Miruna teilte mit lauter Stimme ihren Entschluss mit: Sie würde jetzt in die Schule gehen. Am ersten Schultag fuhr der gelbe Bus vor. Ganz vorne saß Miruna, und nun sprang sie mit einem großen Satz heraus. Selbstbewusst stellte sie sich vor ihr Klassenzimmer. Seitdem kommt sie am Nachmittag zur Hausaufgabenbetreuung. Sie hat einiges aufzuholen, bis jetzt aber hat sie kaum gefehlt.
Da ist eine fest verschlossene Knospe aufgesprungen. Das zarte Pflänzchen Miruna hat Vertrauen gefasst. Zuerst zu den anderen Kindern beim Spielen, beim Singen, dann auch zu den Größeren und zur Betreuerin. Als habe sie plötzlich entdeckt, dass sie geliebt ist, dass sie eine Begabung hat. Das hat sie mit dem gefundenen Kleeblatt gespürt, von diesem Glück wollte sie noch mehr. Das Licht, das in das verdüsterte Herz des Kindes eingebrochen war, hat es verändert. Es ist dieselbe Leuchtkraft, die Abram aufbrechen und weit hinausgehen ließ im Vertrauen auf IHN.
Ja, das schwierige Kind ist gut geworden, dem zurückgesetzten Kind ist Gerechtigkeit widerfahren. Miruna hat Vertrauen gefunden und gegeben.
Vertrauen wirkt Wunder. Es ist die einzige Kraft, die ein krankes Kind heilen kann und einen kleinen Menschen groß macht.
Wie kannst du in einem Menschen Vertrauen wecken?