Zum Inhalt springen

Was macht der Misserfolg mit uns?

Jetzt bist du gefragt. Jetzt spürst du, was du kannst.

Richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.
Lk 21,28

Alle sieben Kinder standen hinter dem Zaun und schauten sehnsüchtig auf die Straße. Am Tor stand die Mutter und leierte im Jammerton herunter, was sie alles brauchten. Eines stimmte, das ganze Haus hätte wieder einmal vom Schimmel befreit und frisch ausgemalt werden müssen.
Als wir das Haus gebaut hatten, war die Familie mit drei Schweinen eingezogen: links die Kinder, rechts die Schweine. Wir halfen beim Putzen, errichteten mit dem Vater einen Stall für die Tiere, aber nach einem Monat war alles eine Katastrophe. Das Ärgste war, dass die Kinder im Hof eingesperrt waren. Sie wären gerne in die Schule gegangen und mit Freunden im Dorf zusammengekommen, doch der Vater sprach ein Machtwort: „Auf keinen Fall! Sie werden in der Schule geschlagen, die Mädchen am Heimweg ins Gebüsch gezogen, sie lernen von den Lehrern nur Blödsinn, den man nicht gebrauchen kann.“ Die Mutter nickte nur ängstlich. Selbst eine Anzeige bei der Behörde, dass die Kinder der Schulpflicht nicht nachkamen, nützte nichts. Dort schaute man weg. Die Beamten waren der Meinung, dass alles in Ordnung sei. Außerdem hätten sie keinen Platz im Heim für so viele Geschwister, die laut Gesetz zusammenbleiben müssten. Und die Lehrer in der Schule waren froh, dass ihnen die Last mit den schwierigen Kindern erspart blieb. Zu guter Letzt sprach der Vater noch Morddrohungen aus gegen jeden, der ihm die Kinder wegnehmen würde.
Wir gaben auf. Wenn ich in die Roma-Siedlung ging und an ihrem grünen Haus vorbeiging, fiel es mir schwer, den Kindern zuzuwinken, die über den Zaun meinen Namen riefen. Ich sah nicht mehr, wie wir ihnen helfen könnten, aus dem Elend herauszukommen.
Eine Sozialarbeiterin aber, die bis dahin verschlafen gewesen war, wachte auf. Als ich am ersten Advent in unsere kleine Kapelle kam, traute ich meinen Augen nicht: Alle sieben Kinder saßen auf der Bank vor dem Adventkranz und begrüßten mich stürmisch. „Seid ihr ausgebrochen?“, fragte ich sie erstaunt. Sie lachten. „Nein, Raluca hat uns geholt. Sie hat den Papa umgedreht.“ Als die Eltern sahen, dass nichts Fürchterliches passierte, durfte eines nach dem anderen der Geschwister ins Sozialzentrum kommen. Der Älteste, Florin, kommt jeden Tag in unsere Töpferwerkstatt und lernt mit geschickten Händen, die Schüsseln und Raben zu formen. In die Schule dürfen sie noch nicht gehen, das sei zu gefährlich, heißt es vom Vater. Aber ich schaue voll Zuversicht auf die sieben Kinder und Weihnachten.

Not kann entweder deprimieren oder aktivieren. Jesus sagt angesichts der Not, in der die Welt unterzugehen droht: „Richtet euch auf und erhebt euer Haupt, denn der Erlöser ist nahe.“ Jetzt bist du gefragt. Jetzt wirst du spüren, was du kannst. Du hast eine Berufung, du wirst gebraucht. Jetzt tut sich ein Tor zur Erfüllung deines Lebens auf. Bei unserer Sozialarbeiterin ist geschehen, was Ignatius von Loyola im Jahr 1573 aus Rom an Margarita di Austria schrieb: „Durch Misserfolg und durch Wohlergehen bietet Gott uns immerdar Hilfe an zu dem Einen: nämlich unsere ewige Bestimmung und Glückseligkeit zu erreichen.“