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Gereinigte Sprache

Sag die Wahrheit – oder lüge zumindest nicht.“ (Jordan B. Peterson)

Alles, was auf der Erde durch die Nase Lebensgeist atmet, und alles was auf dem Trockenen lebte, starb.
Gen 7,22

 

Im achten Kapitel seines Buches „12 Rules For Life“, einem Lebenshilfebuch, das den LeserInnen helfen soll, sich in einer chaotischen Welt zurechtzufinden, widmet sich Jordan B. Peterson unter der oben zitierten Überschrift der Kraft der Lüge in Wort und Tat. Selbstkritisch beginnt er mit einer Analyse des eigenen Verhaltens. Wie sehr ihn die Anliegen gesteuert haben, recht zu haben, kompetent zu wirken, von allen geliebt zu werden, Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, auf der Karriereleiter weiterzukommen, um so seine Ziele zu erreichen. Er entdeckte bei sich diese kleinen Lügen, die seiner Entwicklung zu einer starken Persönlichkeit im Wege standen. Die ihn unfrei, einsam und nicht sympathisch machten und „die finstere Gestalt einer Lebenslüge“ anzunehmen drohten. In seiner therapeutischen Arbeit als klinischer Psychologe wurde Peterson dann mit einer Vielfalt an Formen der Lüge in den menschlichen Beziehungen – vor allem bei Paaren und zwischen Eltern und Kindern – konfrontiert. Verschweigen, Vertuschen, Verstecken, Verdrängen und Täuschungsmanöver nahmen den Beteiligten die Luft zum Atmen, vergifteten die Atmosphäre und erfüllten die Seelen mit Enttäuschung, Depression, Groll und Rachsucht. Und schließlich deckt Peterson in seinem Buch die wahrhaft teuflische Dimension der Lüge auf, wenn Ideologen und Diktatoren sie zum Fundament und Aufbau ihrer Herrschaft benützten. Die Arbeitslager Stalins, die Todeslager der Nazis, die Umerziehungslager Maos, die im letzten Jahrhundert der Menschheit entsetzliches Leiden brachten, waren Früchte von bewusst geschürten Vorurteilen, illusorischen Idealen und abgrundtiefer Menschenverachtung.
Dieser lebenzerstörenden Kraft der Lüge stellt Peterson den Weg der Wahrheit im eigenen Leben gegenüber. Ein Weg, der schmerzhaft ist, weil er das Zerstörende, Unklare und Unreine der eigenen kleinen Lügen bloßlegt. Ein Weg, der – mutig und voll Vertrauen beschritten – aber auch schön und befreiend ist, weil er zu einer aufrechten, ehrlichen und starken Persönlichkeit führt. Darum sein abschließender Rat: „Versuchen Sie die Wahrheit zu sagen. Oder lügen Sie zumindest nicht.“

Die Fluterzählung ist in der Bibel weder als Katastrophe noch als Strafgericht Gottes dargestellt, sondern als Prozess der Reinigung, der auch die menschliche Sprache betrifft. Gott schuf – so das biblische Bild – dem Menschen einen wunderbaren Lebensraum und hauchte ihm dann seinen Atem, seinen Geist, seine Worte ein. Mit dem Ziel und der Hoffnung, dass alles, was atmet, den Schöpfer und das Gute und Schöne der Welt und des Lebens lobt. Mit dem Brudermord Kains und seiner frechen Frage „Bin ich denn der Hüter meines Bruders?“ begannen das Verstecken und der Missbrauch der Sprache. Sie wurde gegen Gottes Willen zu einem Element der Lüge, der Gewalt, der Herabsetzung, der Verleumdung und des Todes. Davon musste sie durch die Wasserfluten gereinigt werden, um wieder ihrer Aufgabe nachkommen zu können, das Leben der Menschen aufzubauen, zu stärken und zu vertiefen.

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