Wie kannst du unfassbare Aufgaben lösen?
Ich will meinen Bund stiften zwischen mir und dir und ich werde dich über alle Maßen mehren.
Gen 17,2
Ende August rückten die neuen Volontäre an, um sich ein Jahr lang für die Straßenkinder einzusetzen. Es war jedes Mal spannend, wer kommen würde, wie sie sich einbringen konnten, ob Musiker dabei waren, wie sich die Gruppe verstehen, und auch welche jugendlichen Liebesgeschichten sich in den nächsten Monaten entwickeln würden. In diesem Jahr waren über zwanzig junge Leute angemeldet. Nacheinander kamen sie an und wer einen Tag vor den anderen da war, gehörte schon zu den „alten Hasen“. Für mich begann wieder alles von vorne. Die jungen Leute mussten Rumänisch lernen. Sie wurden in ihre Aufgaben eingeführt. Oft verstanden sie die Regeln nicht, und wir redeten lange mit ihnen, bis sie nachvollziehen konnten, warum ein Erzieher mit den Kindern streng sein musste. Sie waren selbst noch mehr in der Rolle eines Kindes als der eines Vaters oder einer Mutter. „Ich habe meine Kleider zu heiß gewaschen.“ „Warum habe ich rote Punkte am Bauch?“ „Meine Oma will mit dir reden – ich brauche mehr freie Zeit für mich.“ Manchmal war ich überfordert von den vielen Anliegen der Volontäre. Es hätte mehrere Betreuer gebraucht, alle Sorgen aufzulösen und alle Wünsche zu erfüllen. Meine Hauptaufgabe war die Leitung des Sozialzentrums in Bukarest mit über hundert Bewohnern. Das kostete mich schon alle Kräfte. Wie sollte ich jeden einzelnen Volontär so begleiten, dass er bei uns wachsen und gestärkt von uns weitergehen konnte?
Als ich die Volontäre etwas besser kannte, fiel mir Jakob auf. Mit ihm konnte ich gut reden. Abends saßen wir zusammen, und er erzählte von seiner Familie, von seiner Liebe zum Fußball. Ich ernannte Jakob zum Sprecher für die Gruppe. Er arbeitete sich schnell ein, verstand die ihm fremde Kultur und spielte leicht mit. Jeden Abend veranstaltete er eine Sitzung mit den Volontären, sammelte ihre Anliegen und trug sie mir dann vor. Er konnte meine Bitten und Fragen vermitteln und musste mich immer seltener fragen, weil er die Antworten selbst ahnte. Durch Jakob war meine Beziehung zu den Volontären gerettet. Über ihn wurden wir – die Schützlinge, Mitarbeiterinnen und Volontäre – eine enge Gemeinschaft. Unsere Volontärinnen und Volontäre wurden hilfreich, brachten neue Ideen ein und stärkten die gute Stimmung. Durch ihre Mundpropaganda kamen im nächsten Jahr wieder neue junge Leute, die ein Jahr lang bei uns mitmachten. Die Freundschaft mit Jakob hatte die Sisyphusarbeit mit Erfolg gekrönt.
Die Freundschaft ist ein Bund, wie ihn Gott den Menschen gegeben hat. Gott stiftet den Bund mit Abram und mehrt ihn über alle Massen. In dem einen Bund liegt das Geheimnis, wie man unfassbare Aufgaben lösen kann. Eine Gnade mit grenzenloser Wirkung.
Wer hat mit dir einen Bund geschlossen? Mit wem hast du einen Bund geschlossen?