Wann bist du in der Not gestärkt worden? Wie beantwortest du erlebte Großzügigkeit heute?
Darauf gab ihm Abram den Zehnten von allem.
Gen 14,20b
Haarscharf war Paul schon öfter an Katastrophen vorbeigeschlittert. Als Jugendlicher wollte er unbedingt heraus aus den engen Grenzen des Elternhauses. Mit Freunden wurde viel getrunken, ein Autounfall ging gerade noch gut aus. Dann probierten die jungen Leute Drogen, die Prüfungen in der Schule waren stressig, in der Haschischwelt waren sie entspannt. Gerade noch schaffte Paul den Schulabschluss, das Studium nahm er nicht ernst. Seine Eltern waren verzweifelt und fanden nur einen Ausweg: Er sollte einmal sehen, wie schwer andere Kinder es hatten. Sie schafften es, ihn als Volontär zu uns nach Rumänien zu schicken. Der Anfang war nicht leicht, Paul war kein wirklich freiwilliger Helfer. Doch die Kinder eroberten ihn mit ihrer Sehnsucht nach Liebe, einem großen Bruder, einem Freund. Sie weckten seine Talente und Kräfte. Paul blühte auf, er wurde ein hervorragender Erzieher für die Kinder, manchmal fast zu streng. Er blieb nicht nur ein Jahr, sondern verlängerte. Dann begann er das Jusstudium; heute ist er ein erfolgreicher Rechtsanwalt mit Frau und Kindern. Oft sagte er uns, dass der Einsatz für die armen – und doch starken – Kinder sein Leben gerettet und geprägt habe, auch im Beruf.
Wir hatten wenig Kontakt, bis er eines Tages eine Mail schickte: „Ich bin jeden Tag dankbar für die Zeit in Rumänien. Ich wusste nie, wie ich mich erkenntlich zeigen kann. Heute habe ich ein Angebot. Mein ältester Sohn hat die Schule abgeschlossen. Er ist nicht so schwierig wie ich. Er ist das Wertvollste, was ich euch geben kann. Darf er ein Jahr bei euch mitarbeiten?“ Pauls Sohn wurde Volontär, er kam freiwillig. Die Kinder liebten ihn, wie damals seinen Vater. Er machte Musik, spielte Fußball, war Tag und Nacht mit den Schützlingen zusammen. Ein großes Geschenk!
Ich vergleiche Paul mit Abram wegen seiner Großzügigkeit. Abram war überwältigt von den offenen Armen des großen Priesterkönigs Melchisedek, der ihn, den nach dem Kriegszug zur Befreiung der Geiseln Erschöpften, mit Wein und Brot labte, mit dem Besten, was es in seiner Stadt Salem gab. Und das Herz Abrams wiederum war nicht müde und nicht taub. Rettung und Rückkehr waren für ihn nicht selbstverständlich. Abram verzichtete großherzig auf die Beute, die ihm zustand; vorher aber noch dankte er mit dem Zehntel von allem Melchisedek, der seinem Namen „mein König ist Gerechtigkeit“ und damit auch Gott alle Ehre machte: Er richtete die Erschöpften auf und stärkte Menschen, die sich für andere einsetzten.
Die treue Freundschaft Pauls – über Jahrzehnte hinweg – hat unsere ELIJAH-Gemeinschaft gestärkt, als wir neu anfingen. Und noch einmal, als sein Sohn zu uns kam, der ganz nach dem Herzen seines Vaters geworden ist. Mit ihm vertraute uns Paul „den Zehnten von allem“ an, einen Teil seiner Familie.
Wann bist du in der Not gestärkt worden? Wie beantwortest du erlebte Großzügigkeit heute? Ist es ein Zehntel deines eigenen Glücks, das du gibst?