Zum Inhalt springen

Land in Sicht!

Eine Flut von Enttäuschungen – wann wendet sich das Blatt?

Und das Wasser verlief sich allmählich von der Erde. So nahm das Wasser nach hundertfünfzig Tagen ab.

Gen 8,3

Noach sitzt mit Familie und Tieren in der Arche, hundertfünfzig Tage lang verschlang die Flut alles andere Leben. Dann kam der Wendepunkt. „Und das Wasser verlief sich allmählich von der Erde.“Das bringt mir ein Sorgenkind in den Sinn.

„Nein, ich will nicht!“ Kein Besuch bei den Eltern, das Schuljahr machte sie mit Mühe fertig, den Geigenunterricht brach sie ab, vor den kleinen Aufgaben im Haushalt drückte sie sich, das Weihnachtsfest wollte sie nicht mit uns feiern. Sie ging zu ihrem Freund. Dann beschloss sie, nie mehr zu singen. Sie bekam sogar einen Auftritt in Wien mit den Wiener Sängerknaben – keine Lust. Alles, was wir in Maria gesteckt hatten, warf sie über Bord. Sie zog aus und wollte keinen Kontakt. Jetzt blieb nur noch die Frage, wann sie schwanger werden, die Schule abbrechen und wie alle jungen Mädchen aus ihrer Siedlung in der Verwahrlosung, mit gewalttätigen Männern, um das Überleben kämpfen würde.

Dann hörte ich, dass Maria einen Auftritt beim Theaterfestival in Sibiu hatte. Ausgewählte Schülerinnen sollten ihren „Weg in die Freiheit“ darstellen. Und so lauteten Marias Worte auf der Bühne:

„Ich rede nicht sehr viel mit Mama und Papa. Sie wohnen in einem Dorf, abseits der Welt, ich habe ihnen nichts zu sagen. Als ich zehn Jahre alt war, bin ich von ihnen weggegangen. Damals kam eine Frau mit hellem Haar zu uns. Sie heißt Angela Kink. Sie hat mir angeboten, mit ihr nach Hosman, ein Nachbardorf, zu kommen. Hier bin ich in die Schule gegangen. Zuhause nicht. Hier habe ich gelernt, Danke zu sagen. Zuhause nicht. Hier habe ich gelernt zu beten. Zuhause nicht. Hier habe ich entdeckt, dass ich eine Begabung habe. Zuhause nicht. Es war nicht leicht, aber hier habe ich gesehen, wie viel Kraft ich habe. Hier habe ich selbst gekämpft und ich habe gewonnen.

Ich habe fünf Jahre in der Musikschule singen gelernt. So habe ich mein Talent entwickelt, ich habe eine schöne Stimme. Ich frage mich oft, ob ich Sängerin werden möchte, ob ich davon leben kann. Ich sehe es positiv: Wenn ich diese Begabung habe, muss ich sie einsetzen, weitergeben, nicht nur für mich behalten. Wenn ich erwachsen bin, vielleicht, vielleicht … werde ich Musiklehrerin und kann Kindern ermöglichen, dass auch sie ihre Begabung entdecken? Um ehrlich zu sein, ich habe oft nicht an die Zukunft gedacht und vieles habe ich mir schon wieder zerstört. Jetzt im Augenblick denke ich anders. Ich weiß noch nicht so recht, was es sein wird, was mich weiterbringt und wohin mich die Wege führen. Wohin ich gehen will. Was ich dafür tun muss. Ob ich alles verschlafe – oder mich erhebe und weiterkomme. Ja, am besten singe ich euch jetzt mein Lieblingslied, von einer Zigeunerin, die verliebt ist und ihrem Herzen folgt.“

Maria war unsere Hoffnung, dann kamen grausame Enttäuschungen. Sind ihre Worte auf der Bühne ein Zeichen, dass sie zu den guten Anfängen zurückkehrt und sich uns wieder nähert?

Eine Flut von Enttäuschungen – wann wendet sich das Blatt?

[print-me]