Eine Flut entmachten, einen neuen Geist wecken.
Da gedachte Gott des Noach sowie aller Tiere und allen Viehs, die bei ihm in der Arche waren. Gott ließ einen Wind über die Erde wehen und das Wasser sank.
Gen 8,1
Rauch steigt auf, weil das Fett vom Schweinefleisch in den Grill tropft. Zabar kämpft mit dem Feuer. Heute feiert man seinen Geburtstag, deshalb hat er gestern das Schwein geschlachtet. Laute Musik dröhnt aus den großen Boxen. Nun wird getanzt, gegessen und getrunken! Die Mädchen suchen im Kleiderberg eine saubere Bluse, die zu ihren langen roten Röcken passt. Da lassen wir es krachen, denken auch die jungen Burschen, die ihre spitzen schwarzen Schuhe polieren und sich auf die jungen Damen aus der Nachbarschaft freuen. Jemand schleppt Bierkisten herbei. Dem großen Fest steht nichts mehr im Wege. Der ganze Familienclan kommt zusammen, auch viele Freunde aus dem Dorf. Da fragt der kleine Novac leise, ob auch Onkel Silviu kommen wird. Die Erwachsenen verziehen das Gesicht. Silviu? Nein, der darf nicht kommen. Keiner mag ihn. Er provoziert, dann gibt es Streit, und es endet mit einer handfesten Prügelei. Inzwischen hat sich ein Hass aufgebaut, der jeden sofort explodieren lässt. Die Flut an Brutalität hat überhandgenommen, einige fürchten sich vor ihm. Und doch: Dass er als einziger nicht eingeladen ist, reißt jedes Mal ein Loch in die fröhliche Gemeinschaft. Novac sagt: „Ich laufe hinüber und hole ihn! Und ich passe auch auf, dass er nicht zu viel trinkt.“ Zabar ist einverstanden, hoffentlich wird es heute gut gehen. Doch Novac kommt allein zurück, Onkel Silviu sei heute in der Stadt, habe der Nachbar gesagt. Zabar ist erleichtert, der Konflikt bleibt ihm erspart. Am Abend öffnet sich das Hoftor: Silviu schaut in die fröhliche Runde. Er konnte es nicht fassen, als er hörte, dass er eingeladen war – zum ersten Mal! Das Fest geht bis in die Morgenstunden, man trinkt viel, und das Schwein ist aufgegessen. Für Zabar war es sein schönster Geburtstag.
Die dünne Stimme des kleinen Novac hat einer Flut von Feindschaft und Flüchen die Kraft genommen. Ein anderer Wind wehte über der Siedlung. Es war wie beim Propheten Elijah, der mit der mächtigen Königin und ihrer rasenden Schar an berauschten Priestern kämpfte und Feuer vom Himmel herabrief. Am Ende seiner Wanderschaft mit vielen Mühen, Enttäuschungen und Gefährdungen erfährt er die Nähe Gottes im feinen leisen Säuseln und nicht im vorangehenden Sturm, Erdbeben und Feuer. Die Stimme des Kindes deckte auf, was an familiären Beziehungen trotz der Kämpfe noch da war, wenn auch verschüttet und entstellt. Der neue Wind brachte die Menschen in der Siedlung einander wieder näher und machte sogar ein Fest möglich.
Eine Kleinigkeit kann eine Raserei aufhalten, eine Flut entmachten, einen neuen Geist wecken. Und Leben schaffen, wie bei der Schöpfung, als Gott den Geist einhauchte.
Wer bringt einen neuen Geist? Welche Stimme lässt verhärtete Fronten schmelzen? Wem gelingt es, aufzudecken, was an Gutem oder Verbundenheit da ist?
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