Bilder und Begegnungen, die dir sagen: Du schaffst es, es geht weiter.
Da sagte Abram: Herr und GOTT, woran soll ich erkennen, dass ich es zu Eigen bekomme?
Gen 15,8
Drei Tage vor Weihnachten haben wir eine große Lieferung mit Salami und Obst bekommen. Zwei Helfer und ich schleppen schwere Taschen, um den Familien im Roma-Viertel vor dem Fest die Gaben zu bringen. Es ist kalt, kaum jemand auf der Straße. Von der Hauptstraße biegen wir in den Weg zu unseren Freunden ein, den Hügel hinauf, vorbei an der Schule, der orthodoxen Kirche und dem Denkmal eines Politikers. In der Zeit Maria Theresias soll er Gutes für Rumänien erreicht haben. Jahrhunderte später sind wir in seiner Heimat und haben uns die große Aufgabe vorgenommen, zusammen mit den Roma-Leuten die Not zu bekämpfen. Aber wie kann dieser Traum gelingen?
Angekommen im Roma-Viertel, brennt diese Frage auf meiner Seele. Das grüne Haus auf der rechten Seite haben wir für eine Familie gebaut, die mit zehn Kindern in einer Lehmhütte hauste. Die Nachbarn hatten uns gewarnt: „Der Vater ist ein Nichtsnutz, die verdienen es nicht!“ Wir haben trotzdem für sie das Haus errichtet, bevor das Dach ihrer Hütte einstürzte. Jetzt müssen wir sehen, dass das neue Haus schon heruntergekommen ist, überall liegt Abfall herum. Trotz aller Versprechen: Der Vater arbeitet nicht, die Kinder gehen nicht in die Schule. Als wir uns dem Haus nähern, springt die Mutter heraus und jammert, was sie noch alles brauchen würden. Ich höre nicht zu. „Frohe Weihnachten!“, antworte ich auf ihre Bettelei. Sie bekommt Wurst und Früchte für die Kinder, die können ja nichts dafür.
Schnell gehen wir weiter. Die Hütte von Daniel ist dunkel, er ist schon länger im Gefängnis. Was wird aus ihm, wenn er wieder frei ist? Bei jeder Familie hören wir Sorgen, sie brauchen die Lebensmittel, die wir bringen. Im letzten Haus putzt Leta die Stube, sie hat sogar einen Tannenzweig mit glitzernden Kugeln auf dem Tisch. Ihr geben wir mehr, weil sie einen Kühlschrank hat. Auf dem Heimweg frage ich mich erschöpft, wie viele Jahre es brauchen wird, bis eine solche Siedlung ein menschliches Gesicht annimmt. Bei allem Einsatz und neuen Häusern – was hat sich eigentlich verändert?
Wir sind auf dem Rückweg, mit leeren Taschen. Da hält ein Kleinbus, vier Mädchen steigen aus; sie kommen aus unserem Schülerheim in Sibiu zurück. Jetzt haben sie Ferien. Feli springt mir entgegen. „Ich habe das Stipendium bekommen!“ Weil sie gute Noten hat, bekommt sie von der Schule ein Taschengeld. Sie umarmt mich so fest, dass ich kaum atmen kann. Ihre Freude erinnert mich wieder an unseren großen Traum.
So zahlreich wie die Sterne am Himmel werden deine Nachkommen sein: An diesen Traum glaubte der alte Abram, als er noch kinderlos war. Bald sollte ihm, der die Heimat verlassen hatte, das weite Land gehören. Wie die Sterne würde ihm jetzt wieder ein Zeichen vom Himmel helfen, weiterzugehen, auf die neue Heimat zu. Welches Zeichen würde Gott ihm geben?
Unsere Arbeit haben mir die vier glücklichen Mädchen im Moment fast leicht erscheinen lassen.
Bei einem großen Auftrag verlieren wir leicht den Boden unter den Füßen. Doch dann kommen wieder Momente der Sicherheit. Wir schaffen es, es geht weiter.