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Rückblick

Welche Menschen haben mir im Blick zurück die Gegenwart eines Schutzengels spüren lassen?

Da nannte sie den Namens des HERRN, der zu ihr gesprochen hatte: Du bist El-Roi – Gott schau auf mich. Denn sie sagte: Gewiss hab ich dem nachgeschaut, der auf mich schaut.
Gen 16,13

Wieder einmal führte ich mit einem befreundeten Psychologen und Erzieher intensive Gespräche über diesen biblischen Vers. Auf meine Bitte hin, einmal etwas aus seinem Leben zu erzählen, schilderte er ein Erlebnis aus seiner Jugend.
Gerade dreizehn Jahre alt, mitten in der Pubertät, wechselte er nach sechs Jahren Grund- und Hauptschule in die siebte Klasse Realschule. Der Einstieg in die neue Schule und Klassengemeinschaft war schwierig. Er begann mit dem Lernstoff, in dem er bisher immer glänzen konnte, zu kämpfen. Eher verschlossen und schüchtern, geriet er bald in die Rolle eines Außenseiters. Die Trennung seiner Eltern in dieser Übertrittzeit brachten ihn emotional in ein Dilemma. Zuhause musste er plötzlich mehr Aufgaben übernehmen, für die Schule fehlte ihm die bisherige Hilfe der Eltern. Zu diesen von außen kommenden Herausforderungen trieb ihn eine Frage im Innern um. Als Mädchen geboren, fühlte er sich von klein auf eher als Bub, reagierte und handelte wie ein solcher. Die körperlichen Veränderungen und die Entwicklung der Sexualität in der Pubertät verschärften das Problem. Er war heillos überfordert und brauchte dringend Hilfe.

Er sieht es als ein Geschenk des Himmels, dass er sich in diesen turbulenten Entwicklungen seiner starken Freundin Ronja – nomen est omen! – anvertrauen konnte. Ihr erzählte er von seiner Angst, das so notwendige Sprungbrett der Schule aufgeben zu müssen. Von seinen innerfamiliären Auseinandersetzungen mit den Eltern. Seine Mutter hatte ihm immer eingebläut, dass es niemand etwas angehe, was zu Hause gerade los sei. Mit Ronja aber konnte er von seinem inneren Umgetriebenwerden in der sexuellen Entwicklung sprechen. Und so riet sie ihm nach vielen Gesprächen als kluge Freundin, dort Hilfe zu suchen, wo seine Probleme lägen, also in der Schule und zwar bei einer Lehrerin, die etwas vom Leben verstehe, bei der Biologielehrerin. Er erinnert sich genau an die Szene, wie die Freundin ihn, ohne es abzusprechen, am Ende einer Biostunde packte, mit den Worten „P. will mit Ihnen sprechen“ vor die Lehrerin schleppte und sofort aus dem Klassenzimmer verschwand. Am liebsten hätte er sie in diesem Augenblick erwürgt. Er fühlte sich von ihr verlassen und verraten, weil sie doch wusste, wie schwer ihm das Reden fiel. Nach einem langen Gespräch mit der Lehrerin, das sich als positiver „Gamechanger“ für sein Leben erweisen sollte, empfing ihn die Freundin vor der Tür und umarmte ihn mit den Worten: „Ich habe nur aufgepasst, dass niemand euer Gespräch stört.“ Ein unvergesslicher Augenblick für ihn. Beide, Freundin und Biologielehrerin, erwiesen sich im Rückblick als schützende und auf ihn schauende Boten, die sein Leben nicht ins Formlose oder Beliebige abgleiten ließen.
Die Sklavin Hagar nennt solche Momente der Errettung ein Erahnen des biblischen Namens Gottes. Ein mitgehender Gott, der auf die Menschen schaut und durch Menschen „erschaut“ werden kann.

Welche Menschen haben mir im Blick zurück die Gegenwart eines Schutzengels spüren lassen?