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Ur-Sprung

Let love live through you!

Er sprach zu ihm: Ich bin der HERR, der dich aus Ur in Chaldäa herausgeführt hat, um dir dieses Land zu eigen zu geben.
Gen 15,7

Es ist wieder einmal so weit. Das Ritual ist wichtig. Es übt Vertrauen ein. Die anderen sind mir wohlwollend. Trotzdem ist es nicht angenehm, den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Alle Beteiligten sind Profis der Feedback-Kultur. Wir üben die Regeln ständig ein. Keine „Wir-Aussagen“, sondern „Ich-Aussagen“. Keine Verallgemeinerungen, sondern Konkretes benennen. Nicht verurteilen, sondern sachlich bleiben. Das Niveau der Feedback-Kultur in der Ignatianischen Schülergemeinschaft (ISG) in Berlin ist beeindruckend. Die Jugendlichen sind darin geübt und scheuen sich auch nicht, ihrem Geistlichen Leiter regelmäßig Rückmeldung zu geben. So sitze ich nun vor einer zwölfköpfigen Leiterrunde und nehme ihr Feedback entgegen. Entsprechend der Regeln beginnen sie mit den positiven Punkten. Ich höre zu, oder auch nicht, denn innerlich dröhnt in mir „ABER …“. Schon sind die Abwehrmechanismen für die negativen Punkte alarmiert, die meist mit dem kleinen Wörtchen „aber“ eingeführt werden.
Das „Aber“ spuckt wie ein Geist in meinem Kopf, so dass die erbaulichen Worte zu Beginn gar nicht zu mir vordringen können. Der „Aber-Geist“, wie ein Mitbruder die biblischen Dämonen übersetzt, nimmt mich in Besitz. Jeder von uns kennt diese Geister nur zu gut. Viel Gutes erlischt durchs Aber. Diese dämonischen Stimmen verführen und entfachen das Feuer des Zweifels.

Haben diese Stimmen Abram schon fest im Griff? Mitten in der Nacht ringt er mit Gott. Nichts deutet daraufhin, dass die göttlichen Verheißungen eines neuen Landes und einer großen Nachkommenschaft sich erfüllen würden. „Ich würde Dir ja gerne glauben, Gott, aber das läuft nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe.“ Solche Zweifel wären an Abrams Stelle verständlich. Gottes Reaktion ist sein Verweis auf den gemeinsamen Ursprung. Von Ur in Chaldäa hat er ihn herausgeführt, um ihm ein neues Leben zu geben, wo keine „Aber-Geister“ dominieren. Dafür braucht es eine tiefe innere Erfahrung.

Daran erinnert uns der Aschekreuzritus mit den Worten „Kehre um und glaube an das Evangelium.“ am Beginn der Fastenzeit. Anders ausgedrückt, „Höre nicht auf die „Aber-Geister“, sondern auf die frohe Botschaft, Du bist von Gott bedingungslos geliebt.“ Insofern passt es, dass heuer Aschermittwoch und Valentinstag auf denselben Tag fielen.
Diese göttliche Liebeserklärung sagte mein amerikanischer Mitbruder Greg Boyle SJ vor zwei Tagen seiner Gemeinde noch deutlicher zu: „Let love live through you.“. Viele von ihnen haben den Großteil ihres Lebens hinter Gittern verbracht, eingekerkert in ihren inneren und äußeren „Aber-Geistern“. Im Resozialisierungsprogramm von Homeboy Industries werden sie herausgeführt in ein neues Leben, in einem neuen Geist, der sie ihren Ursprung in der Liebe Gottes erfahren lassen will. Es ist kein einfacher Weg. Bekanntes muss zurückgelassen und Nächte durchrungen werden. Hier helfen Rückmeldungen ohne „Aber“, wie jener vierminütige geistliche Impuls von Father Boyle SJ am Beginn der österlichen Bußzeit: https://www.youtube.com/watch?v=2mNb0jaKCyU