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Väter sind gesucht

Du hast eine wunderbare Kraft. Für wen darfst du Vater oder Mutter sein?

Gott sprach: Ich bin es. Siehe, das ist mein Bund mit dir: Du wirst Stammvater einer Menge von Völkern. 
Gen 17,4

Unter den vielen jungen Roma-Männern, die sich in unseren Werkstätten bewarben, war Danciu, ein schmächtiger Bursche. Da zu dieser Zeit in der Umgebung die Arbeitsplätze rar waren, wollten wir jedem eine Chance geben. Keiner hatte die Pflichtschule abgeschlossen, die wenigsten konnten lesen, schreiben, rechnen. Vor allem waren sie nicht gewohnt, pünktlich und verlässlich zur Arbeit zu kommen. Viele feierten nach der ersten Gehaltszahlung und kamen nicht mehr. Danciu aber gehörte zu denen, die blieben. Er war geschickt in der Tischlerei und lernte mit großem Interesse, denn er wollte sich selbst etwas aufbauen. Er hatte eine Frau, die älter war als er, sie hatte drei Kinder in die Ehe mitgebracht, die es ihm nicht leicht machten. Dann bekamen sie noch zwei Kinder. Überfordert suchte er für alle eine Unterkunft. Sie zogen in ein Haus von ELIJAH, er übernahm die Aufgabe, den anliegenden Garten zu bearbeiten. Die alte Scheune wurde hergerichtet und bald stand Dancius großer Stolz vor einem Ballen Heu: ein junges Pferd. Schweine und Hühner kamen dazu. Er brauchte Futter für die vielen Tiere und baute Mais und Klee an. Sein kleines Reich wuchs und damit auch die Arbeit. Vieles konnte er selbst reparieren, kleine Möbelstücke machte er selbst. Die halbwüchsigen Söhne seiner Frau halfen mit, aber etwas lustlos. Novac sollte in die Schule gehen, daher war er lieber schick und wollte keine Arbeiterhände bekommen. Dancius Frau versorgte die Familie mit gutem Essen, hielt das Haus sauber und lehrte alle ihre Kinder das Tanzen. Selbst die kleine Maria wackelte schon gekonnt mit der Hüfte, als sie sich noch kaum auf den Beinen hielt. Endlich konnte Danciu einem Bauern ein altes Fuhrwerk abkaufen. Mit viel Liebe richtete er das marode Gefährt her, tagelang strich er es in leuchtenden Farben an. Jetzt fuhr er mit seinem Pferd durch das Dorf und erwarb durch Dienste bei den rumänischen Bauern Geld dazu.
Alle bewunderten Danciu. Auch Ionuţ, einer der schwierigsten Buben aus unserem Kinderhaus. Er bedrohte die Erzieherinnen mit dem Küchenmesser, würgte andere Kinder, sprang nachts über den Zaun und trieb sich in der Dorfbar herum. Es war schwer, ihn für irgendetwas zu gewinnen. Schule war für ihn ohnehin ein Horror, die Lehrerin hatte ihn rausgeschmissen. Heimat suchte Ionuţ bei Danciu. Dort half er mit, frühmorgens versorgte er die Tiere, ritt mit dem Pferd aus, mähte das Gras. Und er freute sich, am Familientisch mitzuessen. So spielte sich allmählich alles wie von selber ein. Ionuţ war wie ein Sohn von Danciu, ja sein Liebling. Unter den Fittichen seines großen Vorbilds fühlte er sich geborgen und glücklich. Auch Danciu wuchs an der Aufgabe mit seinem zugelaufenen Schützling.

Zum Vater, zur Mutter werden heißt, jemandem eine Heimat geben. Einem verwahrlosten Kind, das abgelehnt wurde, eine Aufgabe und Anerkennung zu schenken. So wurde Danciu zu einem starken Vater für die Kinder mit unterschiedlicher Herkunft, weil er die einen mit Geduld ertragen, die anderen geliebt und Ionuţ gerettet hat. Das kann nur ein Mensch mit Selbstbewusstsein, der wie Abraham von Gott gehört hat.

Du hast eine wunderbare Kraft. Für wen darfst du Vater oder Mutter sein?