Orte der Dankbarkeit und Hingabe
Dann baute Noach dem HERRN einen Altar, nahm von allen reinen Tieren und von allen reinen Vögeln und brachte auf dem Altar Brandopfer dar.
Gen 8,20
In der kleinen Rezeption von Dereli Camping bei Ephesus in der Türkei hängen Fotos von großen weißen Hunden am Strand, von der Hochzeit der Tochter der Besitzer, von Sonnenuntergängen. Die Bilder umrahmen ein kleines Kunstwerk: ein Foto von Pater Georg mit dem Künstler, aufgeklebt auf eine kitschige Karton-Ikone der Madonna. Mit einem schwarzen Stift sind dicke Tränen eingezeichnet. Das Werk ist verziert mit Muscheln vom Meer, alle bunt bemalt. Darunter steht: Danke. Der Hausherr freute sich so sehr über das Geschenk, dass er es beim Empfang aufhängen ließ. Seit Jahren erinnert das kleine Heiligtum an Ferien von Straßenkindern aus Rumänien.
Damals, als die Collage entstand, war es noch leicht, in der Türkei per Anhalter zu reisen und mit dem Schlafsack irgendwo im Freien zu übernachten. Solche abenteuerlichen Fahrten haben wir mit fünfzig Straßenkindern und Jugendlichen öfter im Sommer unternommen. Mit einem klapprigen Autobus fuhren wir durch Bulgarien und über die Dardanellen in die Türkei. Auf den Spuren des Apostels Paulus kamen wir über die Troas bis nach Ephesus, mit wenig Geld, zu Fuß oder per Anhalter. Wir tauchten ein in die orientalische Gastfreundschaft. Der Höhepunkt war dann Dereli Camping. Hier am Meer wurden wir nach den mühevollen Tagen unterwegs verwöhnt, mit gutem Essen, Sonne und einer freundlichen Aufnahme ohne Vorurteile. Mit Trommeln und Roma-Liedern brachten die Jugendlichen Stimmung an den Strand. Sie tanzten, bis die anderen Feriengäste mitmachten. Somalia führte einen Breakdance vor, wand und drehte sich wie eine Schlange, bis er vor Erschöpfung niedersank. Unsere Bande war glücklich. So viel Liebe! Die Kälte der Straße, der Alltag mit Drogen und Gewalt waren weit weg.
Dann kam die Abreise. Moise besorgte sich am Tag zuvor einen Karton, Kleber und Stifte. So entstand sein Abschiedsgeschenk, das er unseren Gastgebern im Namen der Gruppe überreichte. Wir fuhren zurück nach Bukarest, viele waren nach den himmlischen Tagen wieder auf der Straße. Geblieben ist Freundschaft.
Gestern rief mich Moise vom Bahnhof in Bukarest aus an. „Du musst mir helfen. Gabi ist krank. Er kann nicht mehr zuhause wohnen, die Stiefmutter hat ihn rausgeschmissen. Er muss unbedingt das letzte Schuljahr fertig machen. Ich brauche eine Decke und warme Sachen für ihn. Oder findest du für ihn einen Platz in einem Haus?“ Moise selbst lebt immer noch auf der Straße. Dort kümmert sich der König der Wegelagerer um die Jüngeren und Schwachen.
Moise und Noach. Als Noach mit Familie und Tieren aus der Arche kam und wieder in Freiheit war, baute er Gott einen Altar und brachte Brandopfer dar. Mit dem Rauch sollte sein Dank für die Rettung zum Himmel aufsteigen. Nichts hat er dem Feuer der Liebe vorenthalten.
Ähnlich wie Noach hat Moise einen Altar geschaffen. Noach baute den Altar aus Stein, Moise bastelte ihn mit Karton. Er und seine Freunde haben alles gegeben, was sie sind und können. Das Bild des Künstlers Moise öffnet bis heute türkischen Freunden und Touristen ein Tor zur Freude.
Ich weiß, dass ich geliebt bin. Wo ist mein Ort der Dankbarkeit und Hingabe?
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