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Lernen im Alter

Welche älteren Menschen begeistern mich durch ihren Mut, Neues zu wagen? Woher nehmen sie die Kraft dazu?

Als Abram neunundneunzig Jahre alt war, erschien der HERR dem Abram und sprach zu ihm: Ich bin der El-Schaddai. Geh vor mir her und sei untadelig.
Gen 17,1

Bei einem Gespräch über diesen biblischen Vers erzählte eine Musikpädagogin aus der Anfangszeit ihres Studiums, in der sie nebenbei Klavierunterricht erteilte, folgende schöne Geschichte.
Eines Tages meldete sich ein fünfundsechzig Jahre alter Mann, der als Ingenieur ein erfolgreiches Berufsleben hinter sich hatte, als Schüler an. Musik habe ihn schon immer interessiert, aber eben als „Konsument“. Jetzt in der Pension wolle er selber Musik machen, ein „Produzent“ werden. Dazu begann er neben den Klavierstunden auch auf der Universität Musikwissenschaften zu studieren. Er tauchte mit großem Eifer ein in Fragen der Kompositionstechnik, Harmonielehre, Musikgeschichte – alles Fächer, die sie als Studentin eher trocken und anstrengend fand. Die Hausaufgaben aus der Universität brachte er mit in die Klavierstunde, um mit ihr leidenschaftlich darüber zu diskutieren. Für die Praxis mussten sie mit dem Einfachsten beginnen, wie bei einem Kleinkind. Sie sieht noch heute, wie seine etwas dicken Finger, im Gegensatz zu den filigranen Kinderhänden, nicht mehr so flink über die Tasten streichen, die Töne suchen und dann niederdrücken. So mühsam und hart der Beginn war, der Mann blieb motiviert, war immer gut vorbereitet und übte viel. Langsam zeigten sich Fortschritte, sodass er auch innerhalb der Schülergruppe, in der er ja der Älteste war, beim gemeinsamen Vorspielen den Auftritt wagte. Weil sie sah, wie aufgeregt er vor solchen Auftritten war und wie sehr ihn Nervosität quälte, stellte sie es ihm auch immer frei, ob er mitmachen wolle. Er wollte jedoch unbedingt auftreten und vorspielen. Jedes Mal bemühte er sich so sehr, dass die Vorstellung zwar nicht perfekt war, aber durchaus gelang. Am Ende solcher Auftritte leuchteten seine Augen mit dem gleichen Stolz wie die der jüngeren Schüler*innen. Und Erwachsene sahen dann meist bewundernd zu dem älteren Herrn auf, der sich trotz mancher Fehler und der Belastung beim Lernen traute, immer noch auf die Bühne des Lebens zu treten.
Sie als Musikpädagogin war fasziniert im Rückblick vor allem, dass er sich leidenschaftlich einem Bereich widmete, in dem er nicht sehr talentiert war, und trotzdem die Mühe nicht scheute, Neues zu lernen. Seine Beharrlichkeit, seine nie erlahmende Motivation sowie der Mut, sich seiner Aufregung und den körperlichen Grenzen zu stellen, imponiert ihr bis heute. So erzählt sie diese Geschichte häufig als Vorbild anderen erwachsenen Schülern. Die Begeisterung für die Schönheit der Musik und die Liebe zur Musik geben Kraft, selbst im hohen Alter!

Für Sarah und Abraham sind es die Liebe zu Gott und das Vertrauen zu ihm, die in ihnen immer wieder neue Kräfte freisetzten. Die Bibel nennt das Erleben des mitgehenden Gottes, eines schützenden, leitenden und guten Hirten, ein Erleben des El-Schaddai, eines Gottes der Stärke. Sich an ihn auch im Alter zu binden bringt noch einmal neues Leben hervor.

Welche älteren Menschen begeistern mich durch ihren Mut, Neues zu wagen? Woher nehmen sie die Kraft dazu?